Koalition zur Wegbereitung der Finanzierung europäischer Gebäudesanierung heute gestartet

by | Nov 23, 2021

Im EU-Gebäudebereich herrscht die größte Klimainvestitionslücke aller Sektoren

Europas Gebäudesektor ist verantwortlich für 40 % des Energieverbrauchs; er verbraucht mehr Energie als jeder andere Sektor und verursacht 36 % der EU-weiten energiebedingten GHG- Emissionen[1]. 97 % der Gebäude in Europa – ganze 215 Millionen – werden vor 2050 in unterschiedlichem Umfang saniert werden müssen[2]. Um die Klimaziele der EU bis 2030 zu erreichen, werden noch in diesem Jahrzehnt Gesamtinvestitionen in Höhe von 3,5 Billionen € zur Dekarbonisierung europäischer Gebäude durch Sanierungen benötigt. Die Investitionslücke bis 2030 wird auf Grundlage der aktuellen Pläne der Mitgliedstaaten auf 2,75 Billionen € geschätzt[3]. Öffentliche Investitionen können diese Lücke allein nicht füllen. Mit den derzeitigen Investitionen zur Pandemiebekämpfung und dem Klimaschwerpunkt auf der EU-Agenda bietet sich nun die einzigartige Gelegenheit und der entscheidende Moment, private Finanzierung und Investitionen in die Sanierung zu mobilisieren.

Das Green Finance Institute veröffentlicht heute das Dokument Billionen mobilisieren: Öffentlich-private Innovation, die das EU-Ziel der Renovierungswelle ermöglicht und ruft, aufbauend auf dem Erfolg seiner britischen Koalition, eine neue Initiative ins Leben – die Coalition for the Energy Efficiency of Buildings Europe (Koalition für die Energie-Effizienz von Gebäuden, CEEB Europe), die in jedem Einsatzland Führungskräfte im Finanz-, Immobilien- und Energiesektor über Politik, Wissenschaft und gemeinnützige Organisationen hinweg zusammenbringt, um an der Entwicklung der innovativen Finanzprodukte mitzuwirken, die diese Investitionslücke schließen werden. Das Dokument unterstreicht, dass die Reife der Finanzmärkte, das förderliche Umfeld und die politischen Ambitionen zusammen jene Säulen darstellen, auf die sich die finanzielle Innovation stützt, die Landschaft in diesen Bereichen in Europa jedoch variiert. Das GFI wird sich mit gleichgesinnten nationalen Finanz- und Immobilienorganisationen in ganz Europa zusammenschließen, um Koalitionen zu bilden und mit bereits bestehenden Netzwerken zusammenarbeiten, um Wissen und bewährte Verfahren auszutauschen, Produktentwicklung zu fördern und über politische Hebel zur Schaffung und Skalierung von Märkten für die Gebäudesanierung zu beraten.

Im Jahr 2016 wurden 33,6 Milliarden € in Gebäudehüllen in Deutschland investiert. Davon gingen 77 % in die Energieeffizienz und 69 % in Wohngebäude[4]. Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, hat bereits die Bedeutung von Investitionen in die Sanierung betont: „Mit der Umsetzung der Beschlüsse des Klimakabinetts in der Gebäudeförderung haben wir in Deutschland eine Investitionswelle ausgelöst. Angesichts einer wegen der Corona-Pandemie drohenden Rezession zeigt sich, dass wir die Energiewende nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes benötigen – sondern auch als Konjunkturprogramm für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland“[5].

Im Juli hat die Europäische Kommission ihr Gesetzespaket ‘Fit für 55’ zur Unterstützung des gemeinschaftsweiten Übergangs zur Klimaneutralität bekanntgegeben; Kernstück dieses Pakets ist eine Reihe von Vorschlägen für Gebäude zur Unterstützung der letztjährigen Strategie Renovierungswelle, die die Dringlichkeit der Sanierung und Modernisierung unseres Gebäudebestands darlegt. Die EU strebt eine Verdopplung der Sanierungsrate bis 2030 an, was sie mit ihrer Aufbau- und Resilienzfazilität fördert; 37 % der verfügbaren Investitionen müssen in Klimaschutzprojekte, auch im Bereich der Gebäudesanierung, fließen. Doch trotz dieser beträchtlichen Förderungszusage belaufen sich die zur Erreichung des 55 %-Ziels benötigten Investitionen immer noch auf 275 Mrd. € pro Jahr bis 2030 – das größte Klimainvestitionsdefizit aller Sektoren.

Ende Oktober haben 26 Mitgliedstaaten ihre nationalen Aufbau- und Resilienzpläne eingereicht. Jedoch nur sehr wenige dieser Pläne haben dargelegt, wie öffentliche Finanzierung private Mittel zur Förderung von Investitionen oder zur Aufrechterhaltung längerfristiger Sanierungsprojekte miteinbeziehen kann[6] und der Fokus liegt stark auf der Förderung durch Zuschüsse. Das öffentliche Kapital, das im Rahmen des laufenden EU-Budgets bis 2027 zur Verfügung steht, bietet eine einzigartige Gelegenheit für den Aufbau eines längerfristigen, breiter angelegten und grüneren Finanzierungsmarktes. Mit dem Einsatz der richtigen Unterstützungsmechanismen und Finanzprodukte kann die den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellte Zuschuss- und Darlehensförderung als entscheidender Katalysator für den Zufluss privater Mittel dienen. Die Steigerung privater Investitionen in die Modernisierung des europäischen Gebäudebestands ist für die Langlebigkeit und Dynamik, sowie letztendlich auch den Erfolg des Übergangs zur Kohlenstoffneutralität von wesentlicher Bedeutung. Gleichzeitig gibt es einen sich beschleunigenden Trend zu Nettokapitalzuflüssen, die auf Netto-Null-Investitionen in ganz Europa ausgerichtet sind[7].

„Die europäischen Sanierungsbudgets decken zwar bei weitem nicht den Bedarf, haben aber das Potenzial, die umfassende Ökologisierung des Gebäudebestands in Gang zu setzen. Um die erforderlichen Investitionen in Sanierungen von über 3,5 Billionen € bis 2030 voranzutreiben, wird jedoch ein kollektiver, ergebnisorientierter Ansatz ausschlaggebend sein. Wir haben die CEEB Europe ins Leben gerufen, um in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren private Fördermittel in diesem Sektor zu mobilisieren und Expertenkoalitionen im Bereich Immobilien, Finanz, Politik und Versorgungsketten zur Überwindung von Investitionshürden zu bilden.“ – Dr. Rhian-Mari Thomas OBE, Geschäftsführerin, Green Finance Institute.

„Auf der COP26 wurden erneut Forderungen nach einer vollständigen Dekarbonisierung des bebauten Bereichs laut. Wie dieser Bericht zeigt, ist die Investitionslücke für die Realisierung dieser Ziele enorm. Die wirkliche Lücke besteht nun in der Zusammenarbeit – zwischen der Welt der Finanzen, der Gebäude, der Politik und anderen – um die Ambitionen anzugleichen und die praktischen Instrumente zu schaffen, die Millionen von Bürgern und Unternehmen dabei helfen, ihre Gebäude auf klimagerechte Standards zu bringen. Das CEEB-Modell ist hierbei wegweisend.“ – James Drinkwater, Bereichsleiter Bebautes Umfeld, Laudes Foundation.

Das in Großbritannien ansässige Green Finance Institute, das wichtigste Forum des Landes für die Zusammenarbeit des öffentlichen und privaten Sektors im Bereich der grünen Finanzierung, führt Koalitionen aus Branchenexperten an, um Hindernisse für die Förderung der Dekarbonisierung zu beseitigen. Der Bericht Billionen mobilisieren, der heute die paneuropäische Koalition CEEB Europe ins Leben gerufen hat, enthält eine einzigartige vergleichende Analyse der finanziellen und förderlichen Faktoren in jedem Mitgliedstaat.

In Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Klima-Thinktank E3G und mit finanzieller Unterstützung der Laudes Foundation, einer neuen unabhängigen Stiftung, die auf die doppelte Krise der Ungleichheit und des Klimawandels reagiert, indem sie ihren Partnern philanthropisches Kapital, Fachwissen und Kollaboration zur Verfügung stellt, hat die CEEB Europe ein einzigartiges Mapping erstellt, das Länder mit hohem Potenzial in Form einer ausgereiften Finanzlandschaft, eines förderlichen Umfelds und ambitionierter Pläne für den bebauten Bereich ermittelt und die Herausforderung der Sanierungsfinanzierung für jedes Land dieser Runde untersucht. Es wurde auch eine Auswahl bestehender Pionierinitiativen auf lokaler und EU-Ebene beleuchtet, die Akteure im Bereich der Sanierungsfinanzierung zusammenbringen und Plattformen schaffen, die Immobilieneigentümern fachliche Unterstützung und langfristige, erschwingliche Finanzierungen für ihre Sanierungsprojekte bereitstellen.

In einem nächsten Schritt wird sich die CEEB Europe in Ländern mit hohem Potenzial und großen Ambitionen mit wichtigen Netzwerken und Akteuren des Finanz- und Immobiliensektors zusammenschließen, um nach dem Vorbild der erfolgreichen CEEB UK, der zielgerichteten Innovationsplattform für Sanierungsfinanzierung, länderinterne Koalitionen zu bilden oder sich bestehenden anzuschließen. Diese Koalitionen werden sich mit den länderspezifischen Herausforderungen und Chancen umfassender Sanierungsprojekte (vor allem) im Wohnbereich befassen.

„Die mit den europäischen Aufbauplänen verbundenen öffentlichen Mittel können die Renovierungswelle zwar in Gang setzen, aber nicht aufrechterhalten. Daher stellen diese Fonds eine wichtige Gelegenheit dar, innovative neue Strategien und Lösungen der öffentlichen Finanzierung zu entwickeln, um privates Kapital einzuwerben. Die CEEB Europe wurde ins Leben gerufen, um durch die Zusammenarbeit mit Akteuren in den Mitgliedstaaten die finanziellen, datenbezogenen, rechtlichen und politischen Hindernisse für die Sanierung ihrer Gebäude zu überwinden und neue Produkte und Instrumente zur Beschleunigung von Investitionen im privaten Sektor sowie zur Erreichung der Ziele der Renovierungswelle zu entwickeln. Wir möchten mit ebenso dynamischen Organisationen in diesem Bereich zusammenwirken, um die Herausforderungen auf länderspezifischer Ebene zu untersuchen und anschließend jene Innovationen zu gestalten und auf den Markt zu bringen, mit denen wir sie überwinden können.“ – James Hooton, Programmdirektor, CEEB Europe.

„Im europäischen Gebäudesektor besteht bei der Erreichung der EU-Klimaziele das größte Investitionsdefizit aller Sektoren. Die Schließung dieser Lücke wird grüne und lokale Arbeitsplätze schaffen und gesünderen und erschwinglichen Arbeits- und Wohnraum in allen Teilen Europas fördern. Mit ihrem Fokus auf die Notwendigkeit, neben den Aufbauplänen auch private Finanzmittel und Investitionen zu mobilisieren und die erforderliche Geschwindigkeit und Größenordnung auf den europäischen Sanierungsmärkten zu erreichen, will die CEEB Europe den Nutzen des Europäischen Grünen Deals für die Bevölkerung sicherstellen.“ – Pedro Guertler, Programmleiter, E3G.

„Bei der Sanierung von EU-Gebäuden klafft eine Investitionslücke in Höhe von mehreren Milliarden Euro, die mit privatem Kapital geschlossen werden muss. Der EU-Fonds Next Generation über die nächsten fünf Jahre ist eine fantastische Plattform, die als Grundlage für das notwendige Finanz- und Interessensvertreter-Umfeld für Investitionen in grünen Wiederaufbau dienen kann. Öffentlich-private Partnerschaften, wie die vom Green Finance Institute in diesem Dokument vorgeschlagene, sind in der Lage, Investitionshürden zu beseitigen und Produkte auf den Markt zu bringen, die die Gebäudesanierung vorantreiben und zur Verwirklichung der Ziele der Renovierungswelle beitragen werden.“ – Dr. Steve Fawkes, Geschäftsführender Teilhaber, ep group.

[1] https://ec.europa.eu/info/news/focus-energy-efficiency-buildings-2020-feb-17_en

[2] Buildings Performance Institute Europe (BPIE)

[3] https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/eu_renovation_wave_strategy.pdf zu den derzeit veranschlagten Ausgaben der Kommission von 85-90 Mrd. € x10 . hinzugerechnet

[4] https://www.ikem.de/wp-content/uploads/2019/05/IKEM_ANovikova-et-al_2019_Climate_Energy_Investment_Map_Germany2016_Full-report.pdf

[5] https://www.kfw.de/About-KfW/Newsroom/Latest-News/Pressemitteilungen-Details_578880.html

[6] Renovate Europe (2021) Renovate 2 Recover: how transformational are the National Recovery Plans for buildings renovation?

[7] https://www.reuters.com/business/finance/sustainable-push-sends-candriam-assets-150-bln-euros-2021-09-06/